Das Augenlicht zu verlieren ist eine beängstigende Beeinträchtigung. Wird sie durch eine kranke oder verletzte Augenhornhaut verursacht, lässt sich etwas dagegen tun! Die kranke Augenhornhaut wird durch eine gesunde Spenderhornhaut ersetzt. Die Sehfähigkeit wird dadurch wiederhergestellt. In der Schweiz fehlen jedes Jahr mehrere hundert Augenhornhautspenden. Wir setzen uns seit 12 Jahren dafür ein, diesen Mangel zu beheben.
Die durchsichtige, leicht gewölbte Augenhornhaut oder Cornea ist nur etwa einen halben Millimeter dick und besteht aus drei Schichten:
An der Oberfläche liegt das Epithel: es wächst vom Rand her und heilt deshalb sehr gut, ähnlich wie die Haut.
In der Mitte liegt die dickste Schicht, das sogenannte Stroma, das aus mehreren Lagen Bindegewebe besteht. Durch die besondere Anordnung seiner Zellen und das Fehlen von Blutgefässen bleibt die Hornhaut transparent und trägt zur Lichtbrechung bei, die für das Scharfsehen nötig ist. Um diese typische Zellstruktur zu erhalten, muss laufend Zellwasser aus dem Stroma abgepumpt werden. Diese Aufgabe übernehmen spezialisierte Zellen in der innersten Schicht der Augenhornhaut: des Endothels. Fällt ihre Funktion aus, kommt es zur Trübung der Augenhornhaut und damit zur Erblindung.
Das Endothel heilt nicht, weil sich seine Zellen nicht teilen können. Hier hilft nur noch die Transplantation einer gesunden Spender-Augenhornhaut.
In neun Schritten zeigen wir hier schematisch den Ablauf einer Augenhornhautspende – von der Entnahme im Spital bei einem verstorbenen Spender bis hin zur Transplantation bei einer sehbehinderten Patientin.
Ist ein Mensch in einem unserer Partnerspitäler verstorben, führen die zuständigen Ärzte erste Abklärungen zum Spendewillen und zur Eignung als Spender durch: Gibt es medizinische Ausschlusskriterien? Ist ein Spenderausweis vorhanden oder sind Angehörige erreichbar? Liegt eine Einwilligung vor und sprechen keine medizinischen Gründe dagegen, wird Keradonum telefonisch über die Spende informiert.
Keradonum ist telefonisch 24/7 erreichbar. Wird eine Spende angemeldet, organisiert die Koordinatorin einen Mitarbeitenden aus dem mobilen Entnahmeteam, welcher sich direkt mit dem Partnerspital und/oder dem zuständigen Bestattungsunternehmen abspricht, wann und wo die Spende stattfinden kann. In der Regel erfolgt die Entnahme innert 24 Stunden nach dem Tod.
Die Entnahmetechnik bei Keradonum ist schonend: nur die Augenhornhäute werden entnommen, nicht das ganze Auge. Unter sterilen Bedingungen wird die Hornhaut in der Grösse eines Zehnrappen-Stücks entnommen. Der Defekt wird mit einer stabilen Kontaktschale gedeckt und die Augenlider werden geschlossen. Dem Gesicht des Spenders ist nach der Entnahme nichts anzusehen.
Unmittelbar nach der Entnahme werden die Augenhornhäute in speziellen Transportfläschchen zum Keradonum-Labor nach Olten gebracht. Gleichzeitig geht eine Blutprobe des Spenders zur gesetzlich vorgeschriebenen Analyse auf übertragbare Krankheiten ins Labor des Kantonsspitals Olten.
Die entnommenen Augenhornhäute können bei idealen Bedingungen maximal 30 Tage aufbewahrt werden. Dazu brauchen sie regelmässig frische Nährlösung und müssen bei einer konstanten Temperatur von 34°C in einem Brutschrank gelagert werden.
Frühestens eine Woche nach der Entnahme wird eine Spenderhornhaut zum ersten Mal aus dem Brutschrank genommen und unter einem speziellen Mikroskop geprüft. Dabei werden die lebenden Endothelzellen ausgezählt. Deren Dichte ist ausschlaggebend für den Erfolg einer Transplantation. Daneben wird untersucht, ob die Nährlösung keimfrei geblieben ist.
Nach der abschliessenden Qualitätskontrolle werden die Hornhäute zur Transplantation freigegeben. Je nach zugrundeliegender Krankheit und geplanter Operationstechnik teilt die medizinische Leiterin die Hornhaut einem Patienten auf der Warteliste zu. Auf Anfrage geben wir allen Schweizer Augenklinken Transplantate ab. Notfälle haben dabei immer Vorrang!
Jedem Empfänger wird nur eine Hornhaut zugeteilt. Somit verhilft jede Spende zwei Menschen zu neuem Sehen! Dabei werden alle Daten anonymisiert: Weder die Hinterbliebenen der Spendenden noch der Empfänger/die Empfängerin erhalten Einsicht in die Herkunft oder das Ziel der Spenderhornhaut.
Kurz vor der geplanten Operation wird die Augenhornhaut nochmals geprüft und am Vortag an die Augenklinik verschickt. Der Versand erfolgt mittels Kurierdienstes in versiegelten Transportflaschen und speziellen Taschen mit Thermofunktion. Nach der Transplantation sendet der Operateur einen Verlaufsbericht an Keradonum zurück.
Die Augenhornhauttransplantation oder Keratoplastik ist die älteste, häufigste und erfolgreichste Operation in der Transplantationsmedizin. Schweizweit werden zurzeit etwa 1000 solcher Transplantationen jährlich durchgeführt. Früher wurde die Augenhornhaut als Ganzes transplantiert (Perforierende Keratoplastik) und mit einem hauchfeinen Faden eingenäht. Heute werden bei bestimmten Krankheiten nur die betroffenen Schichten der Augenhornhaut ersetzt (Lamelläre Keratoplastik).
Hierbei wird die Augenhornhaut mit zwei sternförmigen, fortlaufenden Nähten eingenäht. Die Fäden verbleiben ungefähr anderthalb Jahre lang im Auge.
Bei dieser Technik braucht es keine Fäden. Es werden nur die innersten Schichten der Augenhornhaut ersetzt. Diese werden durch eine Luftblase fixiert, die am Ende der Transplantation injiziert wird.
Werden nur die äusseren Schichten der Augenhornhaut ersetzt, braucht es wiederum Nähte, die das Transplantat fixieren.
Lisa Christ
Slam Poetin und Moderatorin
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